Europäisches Diplom für geschützte Gebiete
Die Experten des Europarates haben die Halbinsel Tihany aufgrund ihrer Naturschätze für das Europadiplom im Jahre 2003 als würdig erachtet. Tihany hat diese Auszeichnung als dritte in Ungarn erhalten.
Die besondere geographische Lage, die Eigentümlichkeiten der Entstehung, das heutige Landschaftsbild, die geologischen und geschichtlichen Funde, die seltenen Pflanzen- und Tierarten sichern ihr zu Recht einen Platz unter unseren schönsten und meistgehüteten Schätzen. Den Fachleuten aus Forschung und Naturschutz sind die Werte der Halbinsel Tihany schon seit langem bekannt. Hier entstand das erste ungarische Landschaftsschutzgebiet im Jahre 1952. Heute beträgt sein Gebiet 1658 ha.
Das Europäische Diplom für geschützte Gebiete
Das ist eine vom Europarat vergebene Auszeichnung. Der Europarat, der am 5. Mai 1949 gegründet worden ist, beschäftigt sich seit über 40 Jahren mit dem Aufgabenbereich des Natur- und Umweltschutzes. Er ist damit eine internationale Organisation, die grenzüberschreitend in den genannten Gebieten arbeitet.
Die Einführung des Diploms
fand im Jahr 1965 mit der Resolution (65)6 statt. Damals wurde festgelegt, dass das Diplom eine Geltungsdauer von fünf Jahren besitzt und eine fortlaufende Wiederverleihung für weitere fünf Jahre möglich ist. Das Diplom wird an natürliche oder naturnahe Gebiete, die von europäischer Bedeutung sind, verliehen. Das Diplom soll die biologische, geologische und landschaftliche Vielfalt sichern. Im Jahr 1999 erfolgt eine Umbenennung des „Europäischen Naturschutzdiploms für geschützte Landschaften, Reservate und Naturdenkmäler“ in „Europäisches Diplom für geschützte Gebiete“.
Nach dem Eingang einer neuen Bewerbung für ein Diplom wird zunächst von der „Natural Heritage Division“ die Tauglichkeit überprüft. Liegt eine europäische Bedeutung sowie eine grundsätzliche Eignung vor, findet einer Überprüfung und Betrachtung vor Ort statt. Nach der Begutachtung wird ein erstelltes Gutachten einer Expertengruppe vorgelegt und diese kann je nach Ergebnis das Diplom verleihen (meist geschieht dies in Verbindung mit Auflagen, die eingehalten werden müssen), es begründet abweisen oder das Gebiet zeitlich zurückstellen und die Erfüllung bestimmter Kriterien fordern.
Die Gebiete die mit dem Europäischen Diplom für geschützte Gebiete ausgezeichnet wurden, müssen jährlich einen Bericht über die Entwicklung sowie über aktuelle Ereignisse verfassen. Alle fünf Jahre findet eine Begutachtung durch einen Sachverständigen statt, der einen Bericht zu dem Gebiet, in dem das Diplom bereits vergeben wurde, anfertigen muss. Teile dieses Berichtes können zum Beispiel neue oder geänderte Auflagen, Empfehlungen oder auch eine Nicht-Verlängerung sein. Insgesamt wurden bis zum 10. September 2006 mehr als 70 Gebiete bzw. Objekte in 25 Staaten mit dem Diplom ausgezeichnet und eine Bewerbung eingereicht.
Natura 2000 in Ungarn
Natura 2000 ist die offizielle Bezeichnung für ein kohärentes Netz von Schutzgebieten, das innerhalb der Europäischen Union nach den Maßgaben der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie) errichtet wird. Sein Zweck ist der länderübergreifende Schutz gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume. In das Schutzgebietsnetz werden auch die gemäß der Richtlinie 79/409/EWG (kurz Vogelschutzrichtlinie) ausgewiesenen Gebiete integriert. Das Natura-2000-Netzwerk umfasste 2010 schon etwa 18 % der Landfläche der Europäischen Union.
Grundlagen
Die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie mit ihrem Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 und ihren Artenschutzbestimmungen bilden für den Naturschutz ein umfassendes rechtliches Instrumentarium zum Lebensraum- und Artenschutz. Sie dienen damit dem Ziel, den sowohl von der Europäischen Union als auch von den Mitgliedstaaten in der Konvention über biologische Vielfalt (CBD, Rio 1992) beschlossenen Schutz der biologischen Vielfalt von Arten und Lebensräumen umzusetzen. Auf dem Europäischen Rat im Jahr 2001 in Göteborg beschlossen die EU-Mitgliedstaaten zudem, bis zum Jahr 2010 den weiteren Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen (2010-Ziel).
Ablauf des Verfahrens und Benennung
Natura 2000 ist keine einfache Weiterentwicklung des vorhandenen Bestandes an Schutzgebieten nationaler oder internationaler Kategorien, sondern wird eigenständig aufgebaut. Das dabei anzuwendende Verfahren ist in der FFH-Richtlinie detailliert festgelegt, hier stark vereinfacht dargestellt:
Die Mitgliedstaaten wählen, geleitet von den Kriterien lt. Anhang III der FFH-Richtlinie, in Frage kommende Gebiete aus. Dazu zählen:
Gebiete, die natürliche Lebensraumtypen lt. Anhang I der FFH-Richtlinie (Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse) umfassen und
Gebiete, die Habitate der Arten lt. Anhang II der FFH-Richtlinie (Arten von gemeinschaftlichem Interesse) umfassen.
Die ausgewählten Gebiete werden der Europäischen Kommission vorgeschlagen (vorgeschlagene Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung, englisch:
proposed sites of Community importance, pSCI).
Nach einem Bewertungsverfahren und Abstimmung mit den Mitgliedstaaten legt die Kommission eine Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (abgekürzt GGB, englisch Site of Community Importance, abgekürzt SCI) fest. Eine erstmalige Veröffentlichung dieser Liste erfolgte im Amtsblatt der EU im Jahr 2004.
Die Mitgliedstaaten sind anschließend verpflichtet, diese Gebiete so schnell wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von sechs Jahren als besondere Schutzgebiete (BSG), Special Areas of Conservation (SAC) endgültig unter Schutz zu stellen.
Im Unterschied dazu erlangen Gebiete, die von den Mitgliedstaaten nach den Maßgaben der Vogelschutzrichtlinie ausgewählt wurden (Special protection areas, SPA), den Status eines besonderen Schutzgebiets unmittelbar durch ihre Meldung an die Kommission, d. h. ohne Bewertungsverfahren.
Es ist zu beachten, dass die deutschsprachige Übersetzung „Besonderes Schutzgebiet“ sowohl für das „Special Area of Conservation“ der FFH-Richtlinie als auch für das „Special protection area“ der Vogelschutzrichtlinie verwendet wird, und dass der Ausdruck „Special protection area“ nicht in der Vogelschutzrichtlinie selbst, sondern erst einige Jahre später in der FFH-Richtlinie geprägt wurde. Da sich außerdem die beiden Gebietstypen in der Fläche überschneiden dürfen, haben sich zur Unterscheidung in Deutschland die Bezeichnungen FFH-Gebiet und Europäisches Vogelschutzgebiet etabliert. Für die Gebiete der Vogelschutzrichtlinie ist häufig auch die mehrdeutige Kurzform „Vogelschutzgebiet“ anzutreffen.
In den meisten Bundesländern Österreichs werden Natura-2000-Gebiete durchweg unter der Bezeichnung Europaschutzgebiet verordnet, mancherorts im Besonderen dann, wenn es sich um Gebiete mit Schutz nach beiden Richtlinien handelt. Das Europaschutzgebiet ist in den moderneren Landesnaturschutzgesetzen auch als nationale Schutzklasse verankert.
Zeitplan und Ausbaustand
Die FFH-Richtlinie legt für die Errichtung von Natura 2000 einen genauen Zeitplan fest. Demnach sollten binnen drei Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie (d. h. bis 1995) die Gebietsvorschläge der Mitgliedstaaten erfolgen. Binnen sechs Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie (bis 1998) sollte daraus die Liste der Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung durch die Europäische Kommission erstellt werden. Daran anschließend sollten die festgelegten Gebiete so schnell wie möglich, spätestens aber binnen weiterer sechs Jahre, durch den betreffenden Mitgliedstaat als besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden (spätestens bis zum Jahr 2004).
Dieser Zeitplan wurde nicht eingehalten. Verzögerungen ergaben sich anfangs u. a. durch fehlende Maßstäbe hinsichtlich des Umfangs bzw. der Vollständigkeit der Gebietsmeldungen. Entsprechende Kriterien wurden erst ab 2000 auf von der Kommission einberufenen Expertentreffen erarbeitet. Die trotzdem weiter auftretenden Verzögerungen veranlassten die Kommission zu Sanktionsandrohungen und Klagen gegen einzelne Mitgliedstaaten. Zusätzlichen Druck übten verschiedene nichtstaatliche Naturschutzverbände aus, indem sie aus eigener Kompetenz zahlreiche Gebietsmeldungen erstellten (sogenannte Schattenlisten), und damit die Meldedefizite der Mitgliedstaaten deutlich machten. Anerkannte und maßstabsbildende Bedeutung erlangten dabei vor allem die Listen der Important Bird Areas, die von BirdLife International geführt werden.
Im Jahr 2004 wurde eine noch vorläufige Liste der Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung veröffentlicht, mit der die Umsetzung seitens der Mitgliedstaaten ein erstes festes Fundament erhielt. Daneben wurden von den Mitgliedstaaten ständig weitere Gebiete an die Kommission gemeldet. Selbst ohne Berücksichtigung der Staaten, die erst nach 1992 EU-Mitglied geworden sind, war der Nachmeldeprozess auch im Jahr 2008 noch nicht abgeschlossen.
Periodisch aktualisierte Informationen über den Ausbaustand bietet das von der Europäischen Kommission veröffentlichte Natura-2000-Barometer. Demnach waren Ende 2009 in der EU insgesamt 23.810 Gebiete (marine und terrestrische) mit 716.992 km² Gesamtfläche, davon 585.533 km² Landfläche (13,5 % der Landfläche der EU) und 131.459 km² Meeresfläche als Natura-2000-Gebiete von europaweiter Bedeutung ausgewiesen; davon in Deutschland insgesamt 4675 Gebiete mit 54.342 km² Gesamtfläche, davon 34.574 km² Landfläche (9,7 % der Landfläche) und 19.768 km² Meeresfläche, in Österreich 168 Gebiete mit 8978 km² Landfläche (10,7 % der Landfläche). Insgesamt fielen in 2010 etwa 11,6 % des Hoheitsgebietes der EU auf Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse.[7] Bis Januar 2011 kamen noch einmal fast 27.000 km² in fünfzehn EU-Mitgliedstaaten hinzu.
Praktische Umsetzung
Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, in den ausgewiesenen Gebieten für einen in der FFH-Richtlinie definierten günstigen Erhaltungszustand der jeweils bedeutsamen Artenvorkommen und Lebensräume zu sorgen und alle sechs Jahre an die Kommission Bericht zu erstatten.
Es obliegt den Mitgliedstaaten, die jeweils geeigneten Schutzinstrumente auszuwählen. Diese können gesetzlicher, administrativer oder vertraglicher Art sein, wobei auch die Unterschutzstellung nach vorhandenen nationalen Kategorien möglich und gebräuchlich ist – die Aufnahme in das Natura-2000-Netzwerk ist ad hoc noch keine Unterschutzstellung, sondern eine Darstellung der gemeinschaftlichen Bedeutung des Gebietes. Bereits existierende nationale Schutzgebiete oder Teile davon, die den Auswahlkriterien entsprachen, sind oft als Europaschutzgebiet gemeldet worden. Dadurch ergeben sich mannigfaltige Überschneidungen und Kombinationen von Schutzgebieten nach nationalen Schutzkategorien und eigens eingerichteten Schutzgebieten des Netzes Natura 2000.
Zur Identifikation erhält jedes Natura-2000-Gebiet eine europaweit eindeutige Nummer, EU-Code genannt. Daneben führen aber z. B. die Bundesländer in Deutschland und teilweise in Österreich auch interne Nummerierungen. Außerdem führen sie einen Buchstabencode (A–K), der ihre Lagebeziehung zu anderen Gebieten des Natura-2000-Netzwerkes darstellt.